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Nachrichten für Filmschaffende – der Branchennewsletter von Crew United
#727 vom 06. Juni 2024
Das Titelthema: Symbole für Österreich 

Die weiteren Themen: TV | Stream | Förderung | Rückblick | Termin
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Thema

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Produzent Ulrich Seidl und Veronika Franz und Severin Fiala bei der Preisverleihung. |  Foto © BMKÖS/HBF/Trippolt

Symbole für Österreich

In Wien wurde gestern der „Österreichische Filmpreis verliehen. Wie’s war, ist in der Pressemitteilung zu lesen: Die Gala „ließ die heimische Filmkunst mit einer fulminanten Mischung aus Humor, Show-Elementen und Musikeinlagen hochleben“ und „zelebrierte die Magie des Kinos und dessen narrative Diversität“. Und gefeiert wurde „bis in die Morgenstunden“.
Was die Filmkunst angeht, fiel die Entscheidung eindeutig auf einen Favoriten (die Preisliste gibt es bei der Österreichischen Filmakademie): „Des Teufels Bad“ wurde als bester Film ausgezeichnet, zudem in sieben weiteren Kategorien. Das historische Drama von Veronika Franz und Severin Fiala hatte seine Premiere im Wettbewerb der Berlinale, wo DoP Martin Gschlacht bereits mit dem „Silbernen Bären“ ausgezeichnet wurde.
Auch nicht schlecht lief der Abend für eine zeitgenössische Komödie. Für „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“ erhielt Adrian Goiginger die Auszeichnungen für Regie und Drehbuch, zwei weitere gab’s für Hauptdarsteller und Casting. Somit blieben noch fünf Auszeichnungen für die übrigen Bewerbungen und die für den „publikumsstärksten Kinofilm“. 
„Die beiden meistprämierten Filme […] stehen symbolhaft für die Vielfalt des österreichischen Filmschaffens“, meint Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer in einer eigenen Pressemitteilung. So sieht das wohl auch Valerie Dirk im „Standard“: „Mit ,Des Teufels Bad’ und ,Rickerl’ haben sich die wahlberechtigten Mitglieder der Akademie des Österreichischen Films offenbar für ein Kino entschieden, das innerhalb der Landesgrenzen vollkommen verschiedene österreichische Wesenheiten ergründet. Im Dokumentarfilm sah die Sache anders aus, Chris Krikellis’ ,Souls of a River’, eine elegische Spurensuche nach Heimat am türkisch-griechischen Grenzfluss Evros, siegte überraschenderweise vor Dokumentationen, die Wiener und Braunauer Schauplätze erkundeten.“  

TV

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Jana Bernhardt. | Foto © privat

Meilenstein mit Signalwirkung 

Die Journalistin und Filmemacherin Jana Bernhardt wirft RTL vor, für mehrere Reportagen unverhältnismäßig wenig gezahlt zu haben. Nun gelang ihr ein Erfolg vor Gericht: Der Sender wurde in erster Instanz verpflichtet, die erzielten Werbeeinnahmen offenzulegen, berichtet Uwe Mantel bei „DWDL“.
In ihrer Klage bezieht sich Bernhardt auf den „Fairnessparagrafen“ im Urheberrecht, mit dem bereits der DoP Jost Vacano („Das Boot“) oder die Drehbuchautorin Anika Decker („Keinohrhasen“) Ansprüche durchsetzen konnten. Ihr Anwalt nennt das Urteil einen „Meilenstein in der Rechtsprechung zu Auskunftsansprüchen“, RTL sieht das „gänzlich anders“ und will in Berufung gehen. 
„Vor allem erhoffe [Bernhardt] sich von dem Urteil aber eine ,Signalwirkung’, von der auch andere Produzentinnen und Produzenten profitieren sollen, die sich einen solchen langwierigen Rechtsstreit nicht leisten können. ,Nach Jahren des Tauziehens sehe ich diesen Erfolg vor allem als Chance auf ein respektvolleres und faireres Miteinander zwischen Sender und Produzent*innen, auf branchenübliche Vergütung und transparentere Verhandlungen um Honorare.’“ 

Stream

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Screenshot

Programm für mehr Überblick

Die Streamingangebote werden immer größer, doch viele verlieren inzwischen den Überblick. Deshalb reicht es auch nicht, einfach nur zwei öffentlich-rechtliche Plattformen zur Riesenmediathek zu vereinen, findet der Filmemacher Andreas Scheffer. Er wünscht sich sich kuratierte Streams. Die könnten sogar „Event-Charakter bekommen“. 
Im Interview mit Leonhard Dobusch auf „Netzpolitik“ erklärt er seine Idee eines „Digital Lean Back“: „Um durch Kuratierung einerseits neue Sinnzusammenhänge zu schaffen, wie es Arte es mit seinen Themenabenden vormacht. Andererseits aber auch, um bisher weitgehend Unentdecktes für unterschiedliche Zielgruppen sichtbar zu machen. Es geht darum, aus bereits hergestellten Produkten weitere Nutzungen zu generieren, ähnlich wie ein DJ aus bekannten und unbekannten Songs die Erzählung eines Abends formt. Wenn man in diese Richtung denkt, ergeben sich ziemlich aufregende Möglichkeiten, sowohl für die Sender als auch für die Zuschauer*innen. […] Im Durchschnitt geben sie die Suche nach neun Minuten auf und schauen dann gar nichts. Deshalb ist das Prinzip der Kuratierung wertvoller denn je, vor allem weil die Sender im täglichen Kuratieren, im Programm-Machen, ihre eigentliche Kernkompetenz sehen. […] Vielleicht wäre es aber auch charmant, wie aktuell beim linearen Fernsehen auf eine feste Uhrzeit zu kuratieren, so dass man beim Einschalten eines digitalen Streams mitten ins Programm reinspringt. Es kann beim Entdecken von Inhalten hilfreich sein, wenn man nicht zwangsläufig immer am Anfang anfängt. Das Prinzip des Zappens ist ja fest etabliert. Weil die Streams aber digital sind, kann man jederzeit wie in einer Playlist zurückspulen, anhalten oder zum nächsten Programmteil springen.“ 

Förderung

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Walid Nakschbandi . | Foto © Film- und Medienstiftung NRW/Hojabr Riahi

Mehr Fokus in NRW 

Seit knapp einem halben Jahr führt Walid Nakschbandi die Film- und Medienstiftung NRW. Zum Amtsantritt hat man ihm zwar die Mittel gekürzt, aber er hat trotzdem Ideen, wie es noch besser gehen soll mit der Förderung, erzählt er im Interview mit Thomas Lückerath bei „DWDL“. „Wir haben die bisher getrennten Förderabteilungen zu Film, Games, Audio, Webvideo-Content, VR etc. zusammengelegt – das Team Talents & Programs. Alle können viel besser voneinander profitieren, wenn die Gattungen nicht getrennt voneinander gedacht werden. Idea first, form second. Es geht also um eine konsequentere Weiterentwicklung und -verwertung von Ideen über ein Medium hinaus, um weitere Zielgruppen und neue Erlösquellen für die Kreativwirtschaft im Land zu erschließen. Warum eine entwickelte Idee nur als Film oder Game sehen und sich darauf festlegen müssen? Kann eine Filmidee nicht auch als Podcast weitergedacht und vertrieben werden? Was wird fiktional umgesetzt, was dokumentarisch? Was seriell? Warum nicht gemeinsam überlegen, wie die Idee bestmöglich gefördert werden kann. […] Wir sind also vielmehr Sparringspartner und Ermöglicher als Bank.“
Was aber auch heißt: „Weniger Kleinteiligkeit, mehr Fokus. Weniger Selbstverwirklichungsstoffe, mehr allgemeine Relevanz.“ Und weniger Filme in der Förderung: „Niemand hat etwas davon, wenn wir mit der Gießkanne unterwegs sind aber nicht nachhalten, ob die Kreativen alles gegeben und alles bekommen haben. Nicht realisierte Projekte nützen dem Standort nichts, also investieren wir in weniger Ideen, dafür begleiten wir sie gerade in der ersten Entwicklungsphase und über einen angemessen langen Zeitraum. Das ist zielführender. Entwicklungen brauchen Zeit und ich möchte nicht, dass vielversprechende Projekte nach einer Anfangsfinanzierung scheitern, weil niemand den zweiten Schritt finanziert. Wir wollen auch für den zweiten Schritt da sein, können das aber nicht bei der bisherigen Vielzahl geförderter Projekte.“ 

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Gremien für die Hauptstadtregion

Bei der FFA sollen die Fördergremien größtenteils abgeschafft werden, beim Medienboard Berlin-Brandenburg werden sie demnächst eingeführt, schreibt Marc Mensch bei „Spot“. Dort wird im kommenden Jahr die Geschäftsführung neu besetzt.
„Wie aus den beiden Stellenausschreibungen hervorgeht, will man sich beim Länderförderer der Hauptstadtregion vom bisherigen ,Intendant:innenmodell’ verabschieden – sowohl im Bereich der Filmförderung, wie auch der New-Media-Förderung. So zählt zu den künftigen Aufgaben der jeweils ab Juni 2025 für zunächst fünf Jahre zu besetzenden Positionen die ,Neugestaltung des Förderprozesses, insbesondere durch die Implementierung eines Gremiums’.“  

Rückblick

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Thomas Heise beim Underdox Filmfestival 2019. | Foto CC Wikipedia

Material und Eigensinn

Der Dokumentarfilmer Thomas Heise widmete sich den Randständigen – in der DDR wie in der BRD. Vorige Woche ist der streitbare Künstler gestorben, berichtet Silvia Hallensleben in der „Taz“. Heise „wurde 1955 in den intellektuellen Adel von Berlin/DDR geboren“, aber „fiel früh als renitent auf und begann seine berufliche Laufbahn mit einer Druckerlehre. Nach dem Studien­abbruch fand er Beschäftigung bei der Staatlichen Filmdokumentation (SFD), einer Einrichtung, die den Alltag der DDR archivieren sollte. Das passte eigentlich gut zu Heises Konzept von Film. Doch seine für die SFD realisierten Arbeiten ,Das Haus’ und ,Volkspolizei’ zeigen so viel Eigensinn, dass sie damals nicht gut ankamen, bei ihrer Erstaufführung Jahrzehnte später aber bestens bestehen konnten.“
In der „Zeit“ beschreibt Matthias Dell „eine der Qualitäten von Thomas Heises Arbeit: Menschen zum Sprechen zu kriegen, die das Sprechen nicht gewohnt sind, um etwas über Leben zu erfahren, die außerhalb des eigenen Horizonts gelebt werden. […] Heise hat die Geschichte oft in solchen Zusammenhängen gesucht, in den Auskünften, Gesten, Körpern von Leuten, die keine Rolle zu spielen scheinen: Menschen, die im Gefängnis sitzen, Menschen, die in Kneipen sitzen, Menschen, die keine Arbeit haben oder eine, die nicht hoch angesehen wird.“ Es gebe „in den Arbeiten von Thomas Heise keinen Dünkel.“ 
Weitere Anekdoten schildert Dell in einem weiteren Nachruf für „Cargo“.
Im „Spiegel“ erinnert sich der Regisseur und Produzent Gerd Kroske an einen Weggefährten: „Mit Verve und Vertrauen in seinen Stoff sind in seinen Filmen mit erstaunlich anzusehender Leichtigkeit Episoden, Schnipsel, Randgeschichten und Abbrüche zu einem Kaleidoskop der ostdeutschen Wendeerfahrung verwoben, wie sie nur Marcel Ophüls mit ebenso sicherer Hand einmal in ,November Days‘ erschuf. Die scheinbare Sprödigkeit unzusammenhängender Erzählungen erzeugt bei Heises Film einen Sog, der brillant all die auch erzeugten Verstörungen jener Jahre einbrennt. Dass er bei seinem Zugriff auf Stoffe und dem Filmemachen enervierend, fordernd und sehr selbstbestimmt war, das wissen alle, die mit ihm zusammengearbeitet haben. Sein Suchen nach beständiger Wahrhaftigkeit konnte bei ihm nahezu manisch werden. Ignoranz und ,faules Denken’ konnten ihn zur Weißglut treiben. ,Wir machen Filme fürs Archiv, aber das wird man einmal brauchen’, war dabei sein Credo. Stoisch und klar in der Präsenz seiner Sicht, fernab von den gängigen kunstfernen Verwertungsmechanismen der etablierten westdeutsch dominierten Filmbranche entstanden Dokumentarfilme, die international anerkannt sind.“
„Mit ihm ist nun eines jener Kinder des Ostens gestorben, die sich in radikaler Opposition an ihrem Land abarbeiteten“, meint Gunnar Decker im „Neuen Deutschland“. „Mit ,Heimat ist ein Raum aus Zeit’ hat Thomas Heise sich als Philosoph der Bilder erwiesen – und dabei gezeigt, dass seine Bildsprache höchst präzise war. Da will jemand wissen, warum er so geworden ist, wie er wurde. Warum er renitente Schutzwälle aus Skepsis um sich herum baute. […] Er tat dies mit allem Selbsterkenntnisfuror, der weite Umwege zu gehen bereit ist. Alle seine späten Filme sind Hochkonzentrationsräume, die entschlüsselt werden wollen.“
Beim Festival Osten war dieses Jahr ein Filmreihe mit Thomas Heise geplant; stattdessen wurde es die erste Retrospektive. Im „Freitag“ berichtet Aljoscha Begrich von der letzten Zusammenarbeit mit dem Filmemacher. „Drei Wochen vor dem Festival-Start rief uns Heise an. Die Beschreibungen seiner Filme auf unserer Website fand er grässlich. Wir verstanden nicht, warum. Es waren Beschreibungen, die so oder ähnlich auch von anderen Veranstaltern veröffentlicht worden waren. ,Umso schlimmer’, sagte Heise am Telefon. ,Die sind nicht mal von euch selbst!’ Was ihn am meisten störte, waren Interpretationen. Er hasste es, wenn in den Ankündigungen seiner Filme beschrieben wurde, was die Zuschauer*innen denken, wie sie die mitunter verstörenden Bilder oder Szenen einordnen und interpretieren sollten. ,Ich habe keinen Film über Neonazis gemacht’, sagte er über ,Stau‘, ,sondern über Jugendliche in der Nachwendezeit in Halle-Neustadt.’“ 

Termin

Webinare zur KI

KI-Wissen für Schauspieler*innen, Agent*innen und Caster*innen will die Webinar-Reihe „Talk & Connect“ vermitteln. Die erste der drei wöchentlichen Folgen startet am kommenden Mittwoch. Zu Gast sind die Schauspielerin und Sprecherin Paula Essam, die Moderatorin und Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes und Sven Bliedung von der Heide, Chef des Volumetric Studio – Volucap. Das Webinar läuft über Zoom, die Teilnahme ist frei. 
Mittwoch, 12. Juni, 17 Uhr. Online. 

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